Impuls zum Spnntagevangelium vom 1.9.2024 (Mk 7, 1–8.14–15.21–23)
Dieser Impuls soll explizit nicht nur christlich sein. Aber er hängt sich durchaus am Evangelium des heutigen Sonntags auf.
Jesus spricht da davon, dass vieles Schlechte aus uns selbst heraus kommt. Und das lässt sich erstmal psychologisch auch so bestätigen. Ich hatte vor einigen Monaten auch das Vergnügen, mit einem ehemaligen Gefängnisseelsorger zu sprechen und wenn er mir eines mitgegeben hat, dann dass eigentlich jede:r von uns zum Täter werden könnte. Also „das Böse“ schlummert in uns allen.
Aber er hat mir da auch noch etwas mitgegeben – etwas, das auch ganz praktisch in unserem Alltag beobachtbar ist: Menschen werden nicht zu Tätern, weil sie irgendwie besessen sind von Dämonen oder sich plötzlich zu einer Bestie mutiert haben. Sie wurden das in den allermeisten Fällen, die er erlebt hat, weil sie zutiefst verletzt waren und mit dieser Verletzung nicht wussten umzugehen.
„Verletzte verletzen“ ist eine Liedzeile aus einem Lied der christlichen Rapper O’Bros. Und wenn ich auch mit dem Rest des Liedes theologisch nicht vollständig übereinstimme, steckt in dem Text des Liedes viel wahres (und zum Ausgangstext aus dem Evangelium passendes): Wenn wir verletzt werden, etwa weil wir hintergangen werden, man uns belügt, uns in unseren Wert „verletzt“, wir durch Erlebnisse an unserem Wert und unserer Würdigkeit für Liebe oder uns auch unter Stress setzt und in die Enge treibt, sind das alles Ereignisse, die bei uns Verletzungen hinterlassen. Manchmal blutet es da richtig stark „aus unseren Herzen“ / in unserer Psyche, manchmal hinterlässt so etwas Narben, manchmal aber verheilen diese Wunden auch gar nicht. Mit offenen Wunden sind wir deutlich aggressiver. Wie ein Beutetier, das von einem Raubtier schon stark verletzt wurde und nun noch erbittert um sein Leben kämpft. Wir beginnen um uns zu beißen, mögliche „Angreifer abzuwehren“ und verletzen dabei andere Menschen, die vllt z.T. gar nicht involviert sind oder waren…
Okay, das Bild, das ich benutze ist sehr pathetisch. Aber vllt ja gar nicht so verkehrt. Denn dadurch ergibt sich ein Kreislauf, der scheinbar nie aufhört: neue Menschen sind verletzt, verletzen andere usw.
Vllt ist auch das viel eher das, was das Christentum mit Ursünde meint? Vllt passt ja da auch eher der Ausdruck einer Urwunde / Urverletzung, die einen schier unendlichen Kreislauf an Verletzten, die wieder Menschen verletzen losgetreten hat…
Was wäre da nun eine mögliche Lösung? Viel Arbeit an uns selbst. Aber nicht durch Selbstkasteiung oder Selbstverleugnung, Selbstaufgabe („Das Böse muss aus mir ausgelöscht werden.“, „Gott, reiß mir meine Boshaftigkeit aus meinem Herzen.“ oder „Ich muss mich stärker kontrollieren.“ – echte Zitate!!)! Das meinte Jesus sicher nicht, wenn man ihn sich etwas breiter ansieht, war er doch an vielen Stellen ein sehr lebensfroher und lebenslustiger Mensch! Viel mehr meinte er vllt, dass wir uns mit unserem Inneren beschäftigen sollten, uns unser Innenleben ansehen sollten. Welche Wunden sind da? Was für Narben treiben uns noch um? Womit können wir gar nicht umgehen und wann fühlen wir uns derart in die Enge gebtrieben, dass wir wiederum andere verletzen müssen? Und das unbedingt in einer Haltung der Selbstannahme und Selbstliebe! Denn Wunden heilen nur, wenn man sie liebevoll versorgt, damit sie heilen können… Liebe heilt!
Kennst du die Erfahrung, dass du bissiger / aggressiver bist, wenn du verletzt wurdest? Schreib das gerne in die Kommentare!
(Ggfs. für die Christ:innen unter meinen Leser:innen hilft dabei auch sehr gut die Liebe Gottes 😉)
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