Wer mich ein wenig länger als 5 Minuten kennt, weiß: Ich konnte nie wirklich etwas mit der im Katholischen so üblichen Marienverehrung anfangen. Diese Stilisierung der Gottesmutter zur „schönen, weißen und reinen“ Frau, die nichts anderes tut und auch tun kann, als völlig verstrahlt „ja!“ zu rufen, als ihr der Engel angekündigt hat, dass sie den Sohn Gottes gebären würde.
Und ganz ehrlich: Das ist auch massiv unrealistisch. Kein Mensch dieser Welt hätte sofort „ja!“ geschrien, wenn er / sie den Schöpfer des Universums selbst gebären würde. Die Verantwortung, die damit einherginge alleine mal gesehen. Es ist einfach schlicht menschlich, da erst einmal zu zögern.
Und jetzt kommt die riesige Überraschung: Der biblische Befund in Lk 1 zeigt das auch so klar, wie kaum etwas in der Bibel klar gezeigt wird – Maria zögert. Sie kann nicht glauben, zweifelt an ihrer Berufung und es kommt zu einem mehr-etappigen Dialog zwischen ihr und dem Engel. Da ist keine Maria, die sofort entzückt „juhu! Ich mach’s!“ schreit. Da ist eine Maria, die erst am Ende eines Gesprächs mit dem Boten Gottes persönlich langsam und zögerlich mehr oder weniger sich geschlagen gibt, indem sie sich eingesteht: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast.“ (Lk 1:38).
Keine Spur von Selbstüberhöhung
Wenn ich diese Geschichte und auch das Magnificat, das wir Katholiken so häufig beten, so lese ich nichts von dem Sockel, auf den man Maria häufig stellt. Im Gegenteil: Ich lese da von einer Frau, die all das kennt, was jeder Mensch kennt, der sich einmal aufmacht auf die Suche nach seiner Berufung und nach dem, was Gott für ihn bereit hält – auch wenn das ggfs. keine „typisch geistliche“ Berufung ist.
Ich lese auch hier keinen Gott, der sagt „Maria, du bist eine Frau! Also halt doch wirklich die Klappe, schau, dass du brav Jesus gebärst und dann ab mit dir wieder hinter den Herd.“ Und ist oder war nicht gerade das das Skadalon des frühen Christentums? Dass Frauen einen Wert bekommen? (Gal 3:28)
Aber nicht nur Frauen – Maria gibt auch mir die Möglichkeit, mich mit ihr zu identifizieren. Sie ist auch mir ähnlich und nahe. Mir, als „Laien“, wie mich das Kirchenrecht nennt. Wenn ein kirchenrechtlicher Laie Gott selbst gebären kann, wie kann man dann als Theologe am Ende auf die Idee kommen, dass Laien Gott nicht in der Welt verkünden, auf ihn deuten und ihn in unserer Welt spürbar machen könnten? Realpräsenz ist an mehr Orten spürbar, als nur in der Eucharistie.
Und bitte nicht falsch verstehen: Ich möchte damit weder die Rolle der Eucharistie schmälern – mir selbst bedeuten Eucharistie und eucharistische Anbetung viel. Und auch nicht das spezielle Priestertum in seinem Wert! Ich meine viel mehr eine eigene geistliche Berufung, zu denen Gott eben Laien berufen kann. Das zeigt auch die genauere Betrachtung der theologischen Hintergrunderklärungen der beiden Berufungen: Das besondere Priestertum beruht auf der Rolle Christi. Der katholische Priester handelt an Christi statt. Das ist selbstredend etwas anderes, als Marias Rolle. Sie bringt Gott in ihrer priesterlichen Berufung (im Sinne des allgemeinen Priestertums) in die Welt, sorgt für sein Wirken unter den Menschen. Und das Wichtige dabei: Gottes Wirken und Handeln wäre ohne Maria schlichtweg undenkbar gewesen!
Und genau da sehe ich die Rolle aller (pastoral aktiven) Laien – Haupt-, wie Ehrenamtliche: Gott in der Wahrnehmung der Welt, im Ergehen der Welt, im Lauf der Welt eine Rolle einräumen und ihm den Raum geben, damit er unter den Menschen, unter uns(!!), wirken kann.
Aber: Das heißt auch nicht, die Dinge (und Maria) mit Füßen zu treten, sondern ist eher eine zweiseitige Bewegung: Sie hebt uns Glaubende zum Göttlichen, zum Heiligen hin und das Göttliche, Heilige, zu uns herab… Und genau das liebe ich so sehr am Franziskanischen.…
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