Der folgende Artikel ist nicht zu Ende geschrieben! Als Theologe gehört es für mich dazu, dass ich mir regelmäßig und immer wieder fortwährend Gedanken über das Thema „Gebet“ mache. Die Gedanken dazu, die du im folgenden Artikel findest sind nicht abschließend und nur ein sehr kleiner Ausschnitt meiner fachwissenschaftlichen und pastoralen Gedanken zu diesem Thema. Denn eines ist gewiss: Gebet ist kein Gebiet, auf dem sich einfache Antworten finden lassen!
In der franziskanischen Spiritualität geht es darum, Gott in seiner Größe zu ehren und zugleich unsere eigene Kleinheit anzunehmen. Franz von Assisi wusste: Gott ist kein Wunschautomat, den wir mit Gebeten „füttern“, um unsere Wünsche erfüllt zu bekommen. Doch heißt das, dass Bitten sinnlos sind? Ganz im Gegenteil!
Fürbitte als Ausdruck von Vertrauen und Liebe
Fürbitten sind Ausdruck unseres Vertrauens und unserer Liebe. Wer für andere betet, stellt sich in Beziehung – zu Gott und zu den Menschen. Franziskus selbst betete oft für Kranke, für seine Brüder und für die ganze Welt. Doch seine Gebete waren keine Versuche, Gott zu manipulieren oder eine bestimmte Antwort zu erzwingen. Vielmehr übergab er alles in Seine Hände und vertraute darauf, dass Gott auf Seine Weise wirkt.
In seinem Brief an die Gläubigen (1Gl 23–26) schreibt Franziskus:
„Darum wollen wir alle den allerhöchsten und erhabensten Gott sehen, erkennen und ehren als den einzigen wahren Gott, […] der uns, unseligen und elenden Menschen, in Barmherzigkeit und Erbarmen erlöst hat und noch erlösen wird.“
Dieses tiefe Gottvertrauen prägt die franziskanische Haltung des Gebets: Wir bringen unsere Bitten vor Gott, aber wir tun es in dem Bewusstsein, dass er größer ist als unser Verstehen.
Gebet als Haltung, nicht als formelhaftes Ritual
Es ist wichtig, dass Gebet nicht nur als vorformuliertes Ritual oder als eine Sammlung von Wünschen verstanden wird. Häufig finden sich in Messen oder Gebetsgemeinschaften vorformulierte Gebete, in denen es um bestimmte Bitten geht – etwa um Heilung, Frieden oder Segen. Diese Gebete sind sicherlich wertvoll, doch es geht nicht allein um die Worte, sondern um die Haltung des Herzens. Die Gefahr von vorformulierten Gebeten liegt oft darin, dass sie auswendig heruntergebetet werden, ohne dass das Herz wirklich dabei ist. Gebet sollte jedoch immer ein persönlicher Ausdruck des Vertrauens und der Hingabe an Gott sein. Es geht nicht darum, die „richtigen“ Worte zu finden, sondern um die Aufrichtigkeit der Bitte.
In seinen Ermahnungen (27,1–3) drückt Franziskus die Bedeutung einer echten inneren Haltung im Gebet aus:
„Wo immer und wann immer ein Mensch den Namen des Herrn kennt und ihn ruft und anbetet mit reinem Herzen und lauterem Sinn, da soll ihm Gott entgegenkommen und ihn erhören.“
Das Gebet ist nicht die bloße Rezitation von Worten, sondern eine Begegnung mit Gott, in der wir uns selbst hingeben. Wenn wir um etwas bitten, soll diese Bitte aus einem aufrichtigen Herz kommen, nicht als formelhaftes Ritual.
Das Vaterunser als Vorbild für das Gebet
Ein zentrales Vorbild für das christliche Gebet ist das Vaterunser (Mt 6,9–13). Jesus selbst lehrt uns darin, Gott als liebenden Vater anzusprechen, der um unsere Bedürfnisse weiß. Gleichzeitig stellt das Gebet Gottes Willen in den Mittelpunkt: „Dein Wille geschehe.“
Die Bitten um das tägliche Brot, um Vergebung oder um Schutz vor dem Bösen machen deutlich, dass Gott unsere menschlichen Sorgen kennt. Doch sie sind eingebettet in das Vertrauen darauf, dass letztlich Gottes Reich und Seine Gerechtigkeit an erster Stelle stehen sollen. Diese Haltung finden wir auch bei Franziskus. In seinen Ermahnungen (27,1–3) schreibt er:
„Wo immer und wann immer ein Mensch den Namen des Herrn kennt und ihn ruft und anbetet mit reinem Herzen und lauterem Sinn, da soll ihm Gott entgegenkommen und ihn erhören.“
Das Vaterunser lehrt uns also, Gott mit Ehrfurcht und Vertrauen zu begegnen – nicht als jemanden, der unsere Wünsche auf Knopfdruck erfüllt, sondern als den, der unsere Herzen verwandelt. Und diese Transformation geschieht nicht durch die äußere Form des Gebetes, sondern durch die Haltung des Herzens.
Biblischer Befund zum Gebet
Auch die Bibel ermutigt uns eindringlich zum Gebet. Jesus selbst sagt:
„Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet.“ (Mt 7,7)
Dieses Wort lädt uns ein, mit kindlichem Vertrauen zu Gott zu kommen. Doch Jesus macht auch deutlich, dass es beim Gebet nicht um eine mechanische Erfüllung unserer Wünsche geht. Im Garten Getsemani betete er:
„Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein Wille, sondern der deine soll geschehen.“ (Lk 22,42)
Das ist die tiefste Form des vertrauensvollen Gebets: Ehrlich auszusprechen, was wir uns wünschen, und doch Gott die letzte Entscheidung zu überlassen.
Franziskus fasst diese Haltung in seinem Brief an einen Minister (2) treffend zusammen:
„Und daran sollst du erkennen, ob du des Herrn Diener bist: wenn du tust, was er will, und nicht, was du selber willst.“
Gebet bedeutet also nicht, Gott für unsere Zwecke zu gewinnen, sondern uns für Gottes Wege zu öffnen. Es geht weniger um die äußere Form des Gebets, als vielmehr um die innere Haltung, mit der wir vor Gott treten.
Wenn Gebete nicht erhört werden
Doch was ist mit den Gebeten, die scheinbar ungehört verhallen? Was ist, wenn wir um Heilung, Versöhnung oder Frieden bitten – und nichts passiert? Diese Frage kann herausfordernd sein, besonders wenn es um schweres Leid geht.
Jesus selbst erlebte, dass nicht jede Bitte in seinem Leben so erhört wurde, wie er es sich vielleicht gewünscht hätte. In Getsemani flehte er darum, vom Leiden verschont zu bleiben – und doch musste er den Weg des Kreuzes gehen. Auch Paulus bat dreimal darum, von einem „Stachel im Fleisch“ befreit zu werden, doch Gott antwortete ihm: „Meine Gnade genügt dir; denn meine Kraft kommt in der Schwachheit zur Vollendung.“ (2 Kor 12,9)
Das bedeutet nicht, dass Gott uns ignoriert. Es bedeutet, dass Seine Pläne oft größer sind als unser unmittelbares Verstehen. Manchmal erkennen wir erst im Rückblick, dass ein scheinbar „nicht erhörtes“ Gebet uns auf einen tieferen Weg geführt hat. Einen Weg, der uns mehr mit unserem innersten Kern und einem heilsamen Weg für uns selbst in Verbindung gebracht hat.
Franziskus lebte diese Haltung des Vertrauens in schwersten Zeiten. Im Sonnengesang preist er Gott sogar für Leid und Trübsal:
„Gelobt seist du, mein Herr, durch jene, die um deiner Liebe willen verzeihen und Krankheit und Trübsal ertragen. Selig, die ausharren in Frieden, denn von dir, Höchster, werden sie gekrönt werden.“
Diese Worte zeigen: Auch wenn Gebete scheinbar unerhört bleiben, dürfen wir darauf vertrauen, dass Gott uns nicht verlässt. Die wahre Haltung im Gebet liegt weniger in der Erfüllung unserer Wünsche, sondern in der Hingabe an Gottes Willen.
Das Gebet des Franziskus: Eine Haltung der Hingabe
Eine der schönsten franziskanischen Antworten auf die Frage nach dem Gebet findet sich im Gebet, das Franziskus zugeschrieben wird:
„Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens,
dass ich Liebe bringe, wo man hasst,
Vergebung, wo man beleidigt,
Glaube, wo man zweifelt,
Hoffnung, wo man verzweifelt,
Licht, wo es dunkel ist,
Freude, wo der Kummer wohnt.“
Dieses Gebet bringt die franziskanische Haltung des Betens auf den Punkt. Es geht nicht darum, etwas für sich selbst zu erstreiten, sondern darum, sich in den Dienst der Liebe zu stellen. Die Bitten in diesem Gebet sind keine Forderungen an Gott, sondern Ausdruck einer tiefen Bereitschaft zur Umkehr: Mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens.
Franziskus zeigt uns damit: Gebet verändert in erster Linie nicht die Welt um uns, sondern uns selbst. Wer um Liebe bittet, wird eingeladen, selbst liebevoller zu werden. Wer um Vergebung bittet, wird in die Bereitschaft geführt, selbst zu vergeben.
Die franziskanische Haltung zur Fürbitte
Franziskanisches Beten ist geprägt von Demut und Hingabe. Wir beten nicht, um unseren Willen durchzusetzen, sondern um uns und andere der liebenden Gegenwart Gottes anzuvertrauen.
Diese Haltung lehrt uns, mit offenem Herzen zu beten – ohne Erwartungsdruck, aber mit der festen Hoffnung, dass Gott uns hört.
Bitten wir also voller Vertrauen, aber lassen wir Gott den Raum, so zu antworten, wie es Seiner Liebe entspricht. Denn letztlich ist jedes Gebet nicht nur ein Ruf nach Hilfe, sondern immer auch eine Begegnung mit Gott und unserem innersten Selbst – und diese Begegnung hat das Potenzial, uns zu verändern, egal wie die Antwort am Ende ausfällt.
Du hast Anliegen, für die gebetet werden soll?
Dann schreib sie mir gerne – ich unterstütze dich im Gebet. D.h. ich halte dich und deine Anliegen im Vertrauen auf Gott, Ihm hin und überlasse ihm das Wirken.
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